Kasseler Grüne positionieren sich zur Region (08.05.2008)

von Daniel Stein

Region hat Zukunft

Wir Grüne wollen die Regionalreform. Ziel dieser Regionalreform ist, dass die Menschen in dem Raum, der den heutigen Landkreis und die Stadt Kassel umfasst, gut und gesund leben können, ausreichend qualifizierte Arbeit finden, Kinder und Jugendliche behütet aufwachsen und kompetent ausgebildet werden und ein kulturell ansprechendes und vielfältiges Angebot die Region lebenswert macht. Wir wollen sie für die Menschen in der Stadt und im Landkreis Kassel. Gute Lebensbedingungen sowie vielversprechende Zukunftschancen für die Bürgerinnen und Bürger, das war und ist unsere Vorgabe für dieses Vorhaben. Unter diesen Perspektiven wird eine Regionalreform auch die Menschen überzeugen.

Die bisherigen Organisations- und Beteiligungsformen als Ergebnis der Gebietsreformen der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts stoßen an ihre Grenzen. Gestaltungsnotwendigkeiten und Entscheidungsprozesse können erfolgreich nicht mehr kleinräumig erfolgen. Darüber hinaus müssen Entwicklungsbereiche und Mitwirkungsmöglichkeiten näher an die Bürgerinnen und Bürger herangebracht werden. Eine Regionalreform, die sich in einer Neuorganisation rein administrativer Verwaltungsabläufe erschöpft, lehnen wir als Neuauflage technokratischer Organisationsmodelle ab. Sie widerspricht den Grünen Vorstellungen einer selbstbewussten Bürgerschaft.

Die Signale für eine umfassende Regionalreform stehen gut. Nach einer rund zehnjährigen Diskussion und Zusammenlegung verschiedener Aufgaben in Zweckverbänden, interkommunalen Arbeitsgemeinschaften und Ämterfusionen (Gesundheitsämter und Volkshochschule) scheint die Region Kassel ernsthaft möglich. Diese verstärkte Zusammenarbeit wird von den Bewohnerinnen und Bewohnern positiv aufgenommen. Die weiteren Schritte müssen jetzt sorgsam geplant werden. Der Kreistag und die Stadtverordnetenversammlung haben jeweils einen Ausschuss unter dem gemeinsamen Arbeitstitel „Entwicklung der Region Kassel“ gebildet. Hier sollen die Ideen für das Zusammenwachsen der Region geboren und transparent vermittelt werden.

Wir Grüne haben uns früh für die Reform der Region eingesetzt, Modelle anderer Regionen vorgestellt, analysiert und bewertet sowie erste Vorstellungen und Visionen formuliert. Diese Überlegungen sind in dem Papier zur Regionalreform aus dem Jahre 2002 zusammengefasst worden. An diese Überlegungen knüpfen wir an; sie sind unverändert aktuell und können als Leitidee die Konkretisierung begleiten. Das gilt auch für die Rolle der Region Hannover als Referenzmodell. Auch unter Würdigung anderer regionaler Ansätze erscheinen die in Hannover eingeleiteten Strukturveränderungen am gelungensten. Wir sehen daher im „Modell Hannover“ weiterhin den besten Weg, an dem sich in den Grundstrukturen auch die „Region Kassel“ orientieren sollte.

Für unser Ziel – die Verbesserung der Lebensbedingungen und Zukunftschancen für die Bürgerinnen und Bürger – hat die Regionalreform neue politische Gestaltungsräume zu eröffnen. Aus diesem Ziel bezieht die Reform ihre Legitimation. Wir sehen die folgenden Eckpunkte als Wegmarkierungen für dieses Ziel.

Die Region ist solidarisch

Die derzeitigen Entscheidungs- und Verwaltungsstrukturen stellen die Qualität und Dichte weiter Teile der Versorgung zu sehr in die Abhängigkeit zum Wohnort und seiner Finanzausstattung sowie historisch gewachsenen Entscheidungen zwischen dem Landkreis, den kreisangehörigen Gemeinden und Städten sowie der Stadt Kassel. Dieses trifft u.a. für soziale Transferleistungen und die Jugendhilfe zu. In einem neuen Zusammenspiel zwischen regionaler Zuständigkeit und kommunaler Verantwortung lassen sich bessere Perspektiven darstellen, die dem den Einzelhaushalten entspringenden Kürzungsdruck entgegenwirken und qualitative und finanzielle Verbesserungen ermöglichen. Die Region finanziert und entwickelt solidarisch diese Hilfen in regionaler Verantwortung. Nicht mehr allein der unmittelbare Gesichtskreis sondern die Verantwortung für das Ganze bestimmt das Handeln.

Ökonomisch effizient und ökologisch nachhaltig -die Flächenentwicklung in der Region

Die Städte und Gemeinden in der Region Kassel, die die Planungshoheit über ihre Flächen für Gewerbe und Wohnungsbau haben, treten allzu häufig in interkommunale Konkurrenz und behindern eine abgestimmte Flächenentwicklung. Zersiedelung, mehr Verkehr und ein erhöhter Infrastrukturbedarf sind die Folge. Eine gemeinsame Entwicklung von Gewerbe- und Wohnbauflächen hat deshalb hohe Priorität. Sie eröffnet abgestimmte ökonomische und ökologische Bewertungen und verhindert so kleinräumige, ökonomisch ineffiziente und ökologisch schädliche Entwicklungen. Die Region befördert interkommunale Flächenentwicklung und Flächenvermarktung. Die Bildung eines Gewerbeflächenpools in der Region wird angestrebt. Die Arbeit und Erfahrungen des Zweckverbandes Raum Kassel sind für die Entwicklung dieser neuen Struktur hilfreich.

Die Region ist Kulturregion

Die Region verfügt in ihren Städten und Gemeinden über eine Vielzahl von kulturellen Initiativen und Einrichtungen. Sie reichen vom lokalen Bezug bis zu international beachteten Museen und Veranstaltungen. Der Bogen reicht vom Tierpark Sababurg über das Brüder Grimm Museum bis zum Staatstheater, um nur einige Beispiele zu nennen. Vieles können Städte und Gemeinden dabei selbst schultern, anderes ist nur in regionaler Kooperation weiterhin machbar. Im Dialog werden zukünftige Trägerschaften kultureller Aktivitäten in regionaler oder kommunaler Verantwortung zu klären sein. Das Staatstheater Kassel sehen wir, wenn zwischen der Stadt Kassel und dem Land Hessen keine andere Form gefunden wird, perspektivisch als eine regionale Aufgabe.

Die Region ist Bildungsregion

Die Zukunft von Städten, Gemeinden und Regionen hängt wesentlich davon ab, dass die dort lebenden Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen gut aus- und fortgebildet werden. Nur wenn sie mit den Kompetenzen für die Bewältigung künftiger Lebensgestaltungen ausgestattet werden, können sie Gesellschaft demokratisch gestalten, qualifizierte Arbeitsplätze besetzen und kulturell nachhaltig wirken. Dabei können Grund- und Erstausbildung in abgestimmter kommunaler Verantwortung geschehen, Sekundar- sowie Fort- und Weiterbildung wären eher in regionaler Verantwortung zu gestalten. Mit der gemeinsamen Volkshochschule und dem Projekt „HessenCampus“ sind erste Schritte erfolgt.

Die Region ist bürgernah und stärkt die Städte und Gemeinden

Die Auflösung unnötiger Doppelstrukturen zwischen der Stadt Kassel und dem Landkreis stärkt das Prinzip der Leistung aus einer Hand und verspricht damit größere Möglichkeiten zur Schaffung effizienter Strukturen. Dazu wird der Landkreis in seiner bisherigen Form aufgelöst und ein neue Gebietskörperschaft unter Einbeziehung der Stadt Kassel gebildet: die „Region Kassel“. Ihr gehören die bisherigen Städte und Gemeinden des aufgelösten Landkreises und die Stadt Kassel an. Die Stellung der Stadt Kassel im Kreis der Kommunen der Region muss ihrer Rolle als Oberzentrum in der Region entsprechen.

Kommunale Zuständigkeiten werden tendenziell gestärkt und nicht abgebaut. Das gilt beispielhaft für die Grundschulen und die Bauaufsicht. Für Hessen modellhaft wird die weitere Übertragung von Aufgaben des Regierungspräsidiums auf die Region und die Städte und Gemeinden geprüft.

Die Region ist demokratisch

Die Region ist demokratisch verfasst. Die Kommunalvertretungen bleiben unberührt. Für die regionalen Zuständigkeiten wird ein Regionalparlament eingerichtet. Im Unterschied zur Organisation ausschließlich in Zweckverbänden wird dessen demokratische Legitimation wird durch eine Direktwahl gewährleistet.

Wir Grüne waren und sind überzeugt: die Regionalreform ist gegenüber dem Status quo die bessere Alternative, um die Zukunftsfähigkeit und die Zukunftschancen der Menschen in der Region gerade auch mit Blick auf die demografischen Veränderungen nachhaltig zu sichern.

Die Kreismitgliederversammlung fordert die Grüne Fraktion auf, orientiert an diesen Eckpunkten die Regionalreform konkret voranzutreiben. Vom Magistrat erwarten wir einen an den Grundstrukturen der Region Hannover orientierten Vorschlag.

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