Beschluss Flughafen Kassel-Calden und Haushalt der Stadt Kassel (27.11.2006)

von Max Schäffer

Die Kreismitgliederversammlung des Kreisverbandes Kassel-Stadt von Bündnis 90/DIE GRÜNEN stellt fest:

1. Der vorgesehene Neubau des Flughafens Kassel-Calden ist und bleibt ein Wahnsinnsprojekt, das die Region nicht voranbringen wird. Seit den ersten Prognosen über eine Wirtschaftlichkeit des Projekts sind die voraussichtlichen Kosten immer weiter angestiegen, während die Vorhersagen über die Schaffung neuer Arbeitsplätze immer weiter reduziert werden mussten. Nicht einmal mehr 1.000 Arbeitsplätze – nach ursprünglich versprochenen 5.000 oder jedenfalls 3.000 – sollen durch den Flughafen nach einer aktuellen Prognose entstehen. Davon sind überhaupt nur 394 „direkte“ Arbeitsplätze am Flughafen selbst, die dann mit jeweils 380.000 Euro subventioniert werden. Außerdem steht fest, dass keine Fluglinie bisher Interesse an Starts und Landungen in Kassel-Calden bekundet hat und alle Fachleute den Neubau als wirtschaftlichen Unsinn ablehnen. Läge zwischen Paderborn und Kassel nicht zufällig eine Landesgrenze, wäre niemand auf die Idee gekommen, Kassel-Calden auszubauen.

2. Deshalb unterstützen wir das Bürgerbegehren „Leere Kassen – Calden lassen“ gegen den Flughafenneubau, mit dem ein Ausscheiden der Stadt Kassel aus der Flughafen GmbH erreicht werden soll. Es wäre ein wichtiges politisches Signal, wenn eine Mehrheit der Kasseler Bürger für das Bürgerbegehren stimmen würde. Die Mitglieder und Sympathisanten der Grünen haben viele Unterschriften für das Bürgerbegehren gesammelt. In einigen Stadtteilen konnten wir bereits die notwendige Unterstützung von 10% der Wahlberechtigten erreichen.

3. Mit unserer Kampagne „150 Ideen statt 150 Millionen“ haben wir Grünen unsere Ablehnung gegenüber dem Flughafenneubauprojekt zum Ausdruck gebracht und gleichzeitig auf konkrete Alternativen für die Region Nordhessen gesetzt. Die Kasseler Grünen unterstützen daher den Antrag der Fraktion, die im Haushalt eingestellten Mittel für Kassel-Calden aus dem Haushalt zu nehmen oder bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Planfeststellungsbeschluss zurückzustellen. Die anderen Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung werden aufgefordert, dem Antrag auf Streichung der Mittel für Kassel-Calden zuzustimmen.

4. Der Entwurf des Magistrats für den Haushalt der Stadt Kassel enthält bei einem Gesamtvolumen von rund 550 Mio. Euro einen Betrag von insgesamt 4,4 Mio. Euro für den Neubau Kassel-Calden. Dies ist ein Anteil des Gesamtbetrages von 17,1 Mio. Euro, den die Stadt Kassel nach dem Gesellschaftsvertrag mit dem Land Hessen, dem Landkreis Kassel und der Gemeinde Calden als ihren Teil der Ausbaukosten in den nächsten Jahren der Flughafen GmbH zur Verfügung stellen muss. Ob die im Haushalt eingestellten Mittel tatsächlich ausgegeben werden, wird davon abhängen, ob im nächsten Jahr aufgrund des erwarteten Planfeststellungsbeschlusses und dem damit geschaffenen vorläufigen Baurecht tatsächlich bereits mit einem Baubeginn gerechnet werden kann. Dies wird sich erst im Laufe des kommenden Jahres entscheiden.

5. Die Kasseler Grünen bekräftigen ihren Anspruch, an der politischen Gestaltung der Stadt Kassel aktiv teilzunehmen. Bei allen wichtigen Fragen der Kommunalpolitik (Stadtentwicklung, Kunst und Kultur, Umweltverbesserung, Bürgerbeteiligung, Verkehr, Verbesserung von Bildungseinrichtungen einschließlich Kindertagesstätten, Unterstützung für Kinder und Jugendliche, multikulturelles Zusammenleben, soziale Stadt etc.) haben die Kasseler Grünen ihre Vorstellungen unterbreitet und für deren Umsetzung geworben. Unabhängig von der Frage, wie die grüne Rathaus-Fraktion beim Haushalt 2007 abstimmen wird, werden die Kasseler Grünen weiterhin ihre Vorstellungen zu allen Politikfeldern in der Stadt einbringen und für Mehrheiten werben.

6. Der grünen Stadträtin Anne Janz ist es trotz schwieriger Rahmenbedingungen gelungen, eine Reihe wichtiger Punkte im Haushaltsentwurf der Stadt unterzubringen. Das gilt für die seit langem überfällige Sporthalle beim Wilhelmsgymnasium wie auch die Verbesserung der Qualität in den Kindertagesstätten.

7. Die Mitgliederversammlung anerkennt die Bemühungen der Rathaus-Fraktion, für weitere Verbesserungen im Kasseler Haushalt Mehrheiten zu finden. Sie unterstützt die Vorschläge der Fraktion:

– weitere Verbesserung der Qualität in Kitas durch mehr Fachkräfte und kleinere Gruppen

– mehr Plätze für die Betreuung der unter-3-jährigen Kinder

– Verdoppelung des Schulbudgets für Schulen mit Ganztagsangebot auf 5.000 Euro pro Schule

– Erhalt der Caricatura durch einen städtischen Zuschuss

– Förderung der Migrantenkultur

– Gestaltung des Karlsplatzes durch Teilbebauung

– Sanierung, Verbesserung und Markierung der Radwege

– Schaffung eines neuen Fußgängerüberwegs in der Bruchstraße (wegen Regiotramhaltestelle)

– Entwicklung eines Innenstadtmanagements zur Unterstützung des inhabergeführten Einzelhandels

– Klimaeffiziente Stadt in Zusammenarbeit mit DeNet, Uni etc.

– Weiterverfolgung des Bürgerhaushalts und

– Förderung des Freiwilligenzentrums Kassel für ein Internetprojekt.


8. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen muss die Entscheidung zum Haushalt in einer Gesamtschau unter Abwägung aller aus Sicht der GRÜNEN positiv und negativ zu bewertenden Aspekte getroffen werden. Die Mitgliederversammlung gibt den Kasseler Stadtverordneten in der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN daher folgende Empfehlung hinsichtlich der Abstimmung zum Kasseler Haushalt: Die Stadtverordneten sollten dem Haushalt zustimmen, wenn die unter 7. genannten Verbesserungen in der Stadtverordnetenversammlung eine Mehrheit finden. Mit dem Haushalt der Stadt Kassel wird nicht darüber entschieden, ob Kassel-Calden gebaut wird. Selbst eine Ablehnung des Haushalts würde an den vertraglichen Verpflichtungen der Stadt nichts ändern. Die Mittel für Kassel-Calden könnten vom Kämmerer selbst dann ausgezahlt werden, wenn es keine Mehrheit für einen Haushalt gibt. Wir verhindern mit einer Ablehnung alle positiven Ansätze im Haushalt, aber nicht Kassel-Calden. Die von der Rathaus-Fraktion durchgesetzten Verbesserungen rechtfertigen deshalb eine Beteiligung der GRÜNEN an der Haushaltsmehrheit im Rathaus und erhalten die politische Handlungsfähigkeit.

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